Kommentar zur geplanten Schul-Umbenennung:

Von Otfried Preußler lässt sich lernen

Einige Lehrer wollen das nach Otfried Preußler benannte Gymnasium in Pullach bei München umbenennen. Sie stoßen sich daran, dass der Schriftsteller im Dritten Reich Mitglied der HJ gewesen war. Im Roman "Erntelager Geyer" habe er Nazi-Gedankengut beschönigt. Bernd Posselt, der seit Jahrzehnten in der Europapolitik tätig sowie Präsident der Paneuropa-Union Deutschland und Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe ist, erläutert in seinem Kommentar, weshalb er solche Umbennungen kritisch sieht.

Derzeit findet eine regelrechte Hexenjagd gegen Otfried Preußler (1923 bis 2013), den Vater der „Kleinen Hexe“ und zahlreicher anderer Kinderbücher statt. Einige Lehrer wollen das nach ihm benannte Gymnasium in Pullach bei München umbenennen. Preußler hat niemals geleugnet, als Teenager 1940 den Roman „Erntelager Geyer“ verfasst zu haben, der seine Erlebnisse mit dem so genannten „Jungvolk“ entsprechend dem NS-Zeitgeist wiedergibt. Da gibt es nichts zu beschönigen. 

Man darf aber nicht vergessen, dass der Autor nach drei Jahren Ostfront, fünf Jahren in sowjetischen Kriegsgefangenenlagern und der Vertreibung aus Böhmen mit dem braunen Gedankengut restlos gebrochen und ein auf Toleranz und Völkerverständigung hinorientiertes Lebenswerk aufgebaut hat.

Insbesondere das an eine sorbische Legende anknüpfende Meisterwerk „Krabat“ ist eine warnende Auseinandersetzung mit dem Missbrauch junger Menschen durch dunkle Mächte. Von Preußler lässt sich lernen, wie verheerend die NS-Ideologie war, der er in den 1930er Jahren selbst erlag. Mit Blick auf die Gefahr, dass derartiges Gedankengut in unserer Zeit wiederkehrt, ist das literarische Erbe Preußlers umso bedeutsamer. Der Roman „Flucht nach Ägypten, königlich böhmischer Teil“ ist das eindrucksvollste literarische Denkmal der Welt der Sudetendeutschen und der Tschechen vor der Vertreibung. Preußler genießt in der Tschechischen Republik hohes Ansehen!

In den 54 Jahren seit der Entlassung aus sowjetischer Gefangenschaft hat er nicht nur auf eindrucksvolle Weise sowohl als Lehrer als auch als Familienvater sein Schicksal gemeistert, sondern vielen Generationen von Jugendlichen international eine Weltsicht vermittelt, die in ihrer friedenstiftenden Weise heute nötiger ist denn je. Mit Umbenennungen von Einrichtungen, die Preußlers Namen tragen, wird pädagogisch das Gegenteil von dem erreicht, was man vorgibt zu wollen. Lieber sollte man diesen großen Erzähler für das würdigen, was er künftigen Generationen zu bieten hat.